Live-Berichte (4)

Basecamp, 13.4.00, 15.00 Uhr

Am 11.4. brachen wir gegen halb acht alle bis auf Werner, der sich noch nicht so gut fühlte, zu einer Akklimatisierungstour auf. Wir wollten, wenn wir es schaffen, bis zum Lager 1 am Baruntse vorstoßen und dort etwas Ausrüstung deponieren. Da wir nicht wussten, wie die Bedingungen bis dorthin sein würden, nahmen wir komplette die Kletterausrüstung mit.

Den ersten Teil des Weges kannten Götz und ich von der Expedition vor zwei Jahren. Allerdings ging es diesmal viel einfacher, da kein Schnee lag. Wir folgen einem Weg auf der linken Moräne des Barungletschers in Richtung Everest. Leider ist das Wetter nicht so gut, Lhotse und Mount Everest verbergen sich hinter den Wolken. Nach einer Stunde Marsch verliert sich der Weg in Schotterfeldern. Die Richtung ist aber durch Steinmänner vorgegeben. Eine ziemlich anstrengendes Gelaufe, da man sich ständig konzentrieren muss, um nicht auf wacklige Steine zu treten. Dazu geht es ständig auf und ab. Nach drei Stunden erreichen wir das sogenannte Baruntse-Basislager (ca. 5000 m). Aber hier wollen wir noch nicht bleiben, sondern noch weiter hinauf in Richtung Sherpani-Col, dem Sattel zu dem großen Gletscherbecken, über dem der Baruntse steht. Mittags halb eins erreichen wir (Götz, Ole, Bernd und ich) das nächste Tal. Bernd deponiert seine Ausrüstung und geht dann zurück. Ole, Götz und ich wollen noch weiter gehen, bis maximal um zwei, in der Hoffnung, das Lager zu erreichen. Bevor wir weiter hinauf kommen, geht´s erstmal ziemlich steil und rutschig einen Hang zum Talgrund hinunter. Dann heißt es von Block zu Block springen, um nicht auf den vereisten Schnee zu kommen, der dazwischen liegt. So erreichen wir die andere, rechte Talseite. Auch hier besteht die Möglichkeit, zu zelten - 5300 m sind wir jetzt hoch. Die Engländer wollen hier ihr Lager aufschlagen. Unser Camp 1 soll noch 200 Höhenmeter weiter oben hinter einem Hügel stehen.

Mittags um eins: Funkversuch zu Werner im Basecamp, aber kein Erfolg. Zu verschlungen ist der Weg hier hoch. Nun folgt noch ein sehr kräfteraubender Anstieg über einen Blockhang. Kein Stein hält auf dem anderem, und außerdem sind diese Blöcke sehr scharfkantig. Abrutschen verbietet sich daher von selbst. Zum Glück haben wir ja die Plasteschuhe an. Kurz vor zwei Uhr haben wir es geschafft. Mingmar, der uns begleitet, zeigt auf ein Schotterfeld und sagt: hier ist das Camp. Und wirklich, etwas weiter hinten sind Stellen von den Steinen beräumt. Wir finden sogar zurückgelassene Ausrüstung und sind darüber recht erbost. Da stehen Kocher, Stühle, Drahtkörbe und anderes Zeug herum. Einziger positiver Aspekt ist eine große Rolle Fixseil. die aus dem Eis herausschaut. Wir hacken sie frei und haben so 200 m Fixseil zur Verfügung. Mit den von uns mitgebrachten 100 m müsste das eigentlich reichen. Wir legen hier in 5500 m Höhe ein Depot an: Gaskartuschen, Zelte, Kletterzeug, Seile und Essen bleiben hier unter den Steinen versteckt. Zehn Minuten nach unserer Ankunft trifft noch Thomas ein. Gegen halb drei steigen wir wieder ab, der Rückmarsch wird zur Qual für unsere Knie. Diese Schotterhänge und Blockfelder nerven. Abschalten kann man nicht, ständiges Konzentrieren ist angesagt. Wir sind froh, als wir den ausgetretenen Pfad erreichen. Jetzt ist es nicht mehr weit bis zum Basislager, und man kann wieder etwas angenehmer laufen. Um sechs erreichen wir unser Basecamp - ziemlich fertig, aber zufrieden.

Sechseinhalb Stunden haben wir für den Aufstieg gebraucht und dreieinhalb für den Rückmarsch. Die Höhenmesser zeigen über 1100 Höhenmeter im Aufstieg, obwohl der eigentliche Höhenunterschied vom Basecamp bis zum Camp 1 am Baruntse nur 800 Meter sind. Der Rest kommt durch das ständige Auf und Ab. Wie wir jetzt erfahren, mußte Ray schon früh umdrehen, da er mit einer Erkältung zu kämpfen hat. Elli ist auch etwas eher umgekehrt.

12.4. - Jetzt sind erstmal zwei Ruhetage angesagt. Mittlerweile geht es Ray wieder besser, und wir bereiten den nächsten Aufstieg vor. An den Ruhetagen wird aber nicht nur ausgeruht, sondern es gibt auch einiges zu tun. Ausrüstung sortieren, Flaggen an den Bambusstangen anbringen, Fotos machen, Filmen usw. Unser Küchenteam verwöhnt uns regelrecht. Frühstück, Mittag und Abendessen, und dazwischen noch kalte und heiße Getränke. Wenn das so weitergeht, werden wir wohl noch zunehmen.

13.4. - Zum Glück geht es ja morgen wieder los. Ray und Werner haben heute noch eine Aklimatisationstour gemacht, so dass wir morgen alle gemeinsam starten werden. Wir wollen Camp 1 einrichten und am Tag darauf den Weiterweg über den Sherpani-Col in Richtung Baruntse bis zum nächsten Lager erkunden, den Weg markieren und eventuell, falls es nötig sein sollte, Fixseile verlegen. Dann gehts wieder zurück ins Camp 1, nochmals dort schlafen und dann zurück ins Basecamp. Für unsere Akklimatisation scheint uns dies die beste Variante zu sein. Nach zwei Ruhetagen soll´s dann am 19.4. wieder ins Camp 1 gehen, tags darauf ins Camp 2 und am 21.4. zum Gipfel. Es kann aber auch sein, daß ein drittes Lager notwendig wird. Dann verschiebt sich der Gipfeltag nach hinten. Am 24.4. wollen wir dann wieder im Basecamp sein, da unsere Trekkinggruppe dann hier eintrifft. Aber ob das alles so wird, hängt von vielen Faktoren ab: am meisten natürlich vom Wetter und den Eis-und Schneebedingungen am Baruntse. Am Sonntag werden wir vielleicht mehr darüber wissen.

Herzliche Grüße sendet Frank Meutzner im Namen des ganzen Teams.

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