Live-Berichte (7)

Basecamp, 4.5.00, 15.00 Uhr

Die komplizierten Wetterverhältnisse hatten zahlreiche Planänderungen bei uns zur Folge, so dass wir eine Weile nicht im Basecamp waren. Hier die letzten Tage im Tagebuchstil:

25. April - Die Trekkinggruppe kommt an, alle 9 Teilnehmer sind gesund und freuen sich riesig. Das Wetter ist eher bescheiden.

26. April - Früh etwas Sonne, die Trekker steigen auf einen Aussichtsberg und können den Ausblick auf Lhotse, Makalu und Mount Everest genießen. Wir bleiben auch noch hier unten, da das Wetter sehr schlecht ist. Wir beschließen, für einen weiteren Gipfelversuch am Baruntse auf ein sogenanntes Wetterfenster mit guten Bedingungen zu warten, wollen aber die Zeit nicht nutzlos verstreichen lassen, sondern mit dem Lageraufbau am Makalu beginnen.

27. April - Die Trekker sowie Werner und Ray brechen zum Rückmarsch nach Kathmandu auf, wir anderen sechs starten in Richtung ABC (vorgeschobenes Basislager). Nach 7 Stunden erreichen wir es und bauen in 5700 m Höhe ein TATONKA Big One Six Zelt auf. Da wir ja schon mehrfach höher geschlafen haben, wählen wir im Gegensatz zu vor zwei Jahren diese Lagerhöhe. Dadurch können wir ein Camp in der Lagerkette bis zum Gipfel einsparen. Heute ist der erste Tag seit Expeditionsbeginn, wo bis abends die Sonne scheint. Laut Wetterbericht der Koreaner soll ein Hochdruckgebiet folgen. Götz, Ole, Bernd und ich beschließen bei schönem Wetter am nächsten Tag direkt zum Camp 1 am Baruntse zu gehen, um das evtl. gute Wetter für einen Gipfelangriff zu nutzen.

28. April - Bestes Wetter, wir vier steigen zum Barungletscher ab, queren diesen und steigen direkt zum Camp 1 auf. Türps und Elli steigen ins Basecamp ab, um später als zweite Gipfelgruppe zu folgen. Auch heute wieder bestes Wetter bis abends - der Makalu im Abendrot.

29. April - Aufstieg ins Camp 2. Früh schönstes Wetter, gegen Mittag kommt Wind auf, der später zum Sturm wird. Zum Glück halten die TATONKA Sherpa Dome Zelte dem Sturm stand. Es stürmt die ganze Nacht durch, an einen Aufbruch am nächsten Morgen ist nicht zu denken.

30. April - Wir verbringen einen Tag im Camp 2. Im Laufe des Vormittags beruhigt sich der Sturm. Wir können endlich etwas schlafen. Wollen am nächsten Tag Gipfelangriff wagen. Bei schlechtem Wetter werden wir abbrechen. Abends Funkkontakt mit Elli und Thomas im Basecamp. Sie wollen erst aufsteigen, wenn das Wetter ganz stabil ist.

1. Mai - Die Nacht war windfrei, herrlicher Sternenhimmel. 2.30 Uhr ist wecken, kurz vor vier Aufbruch. Es ist eisig kalt, vielleicht 15 Grad minus. Auf bekanntem Weg geht es dem Gipfel entgegen. Allerdings liegt diesmal noch mehr Schnee, als bei ersten Versuch. Gegen halb acht erleben wir die erste böse Übberraschung. Kurz vor unserem ersten verlegten Fixseil in dem Eisbruch ist die Schneebrücke zusammengebrochen. Von dem Gelände, wie es vor zwei Wochen war, ist nichts mehr da. Ein große, ca. 15 m breite Spalte hat sich gebildet. Aber es gibt nach 4 m Tiefe einen Spaltenboden mit großen Eisblöcken, auf denen man zum anderen Ende balancieren kann. Da sich die Spalte nicht umgehen lässt, seilen wir überhängend in sie hinab und traversieren auf die andere Seite. So ganz wohl ist keinem dabei. Wir verlegen ein Fixseil für den Rückmarsch. Zwei Stunden haben wir durch diesen nicht vorhersehbaren Zwischenfall verloren. Aber das sehen wir nicht verbissen. Bestes Wetter ringsrum, blauer Himmel, tief unten im Tal Schönwetterwolken. Halb zwölf erreichen wir den Grat, wo wir das letzte Mal umgedreht sind. Wir machen dort weiter. Wir queren und verlegen Fixseil auf der Rückseite des überwächteten Grats, dessn Neigung beträgt zwischen 50 und 70 Grad. Kurz vor Ende des Quergangs schiebt sich eine dicke Wolkenbank über den Baruntse und sofort beginnt der Wind zu blasen. Innerhalb einer viertel Stunde ist alles zugezogen und es beginnt stark zu schneien. Wir sind völlig enttäuscht. Es folgt eine 30 m Steilstufe auf eine Kuppe, ein Abstieg und nochmal eine Steilstufe zum Vorgipfel und dann noch der kurze Gipfelgrat. Vielleicht noch zwei Stunden bis zum höchsten Punkt. Es ist gerade mal 12.00 Uhr. Warum kan das Wetter nicht noch zwei Stunden halten? Mit Hilfe der Fixseile ist der Abstieg relativ schnell und sicher zu schaffen. Aber an ein Weitergehen ist unter diesen Umständen nicht zu denken. Ausgesetzte, steile Kletterei, bei der man sichern muss, geht bei dem Wind und Schneefall nicht. Zu schnell kühlen der Sichernde und die Wartenden aus. Immerhin sind wir schon über 7000 m hoch. Schweren Herzens entscheiden wir uns zur Umkehr. Aber es ist wohl die richtige Entscheidung anbetracht der Wetterbedingungen. Wenn hier oben auf Grund der schlechten Bedingungen was passiert, ist die Besteigung des Makalu arg gefährdet. Also runter, im Schneesturm und Nebel kämpfen wir uns abwärts und erreichen halb vier unser Lager. Für uns vier war es das dann mit dem Baruntse, für noch einen Gipfelversuch reicht die Zeit nicht mehr. Schade drum,viel Kraft, Zeit und Material haben wir investiert und kurz vorm Gipfel das Aus. Aber im Hochgebirge läßt sich nunmal nicht alles vorrausbestimmen und so ein Einsturz einer Spalte ist eben möglich. Wie wir abends dann beim Funken von Elli erfahren, ist aber bis zu dem Zeitpunkt niemanden eine Gipfelbesteigung gelungen und am Makalu hat kein Teilnehmer die Höhe von 7000 m erreicht. Das hilft uns zwar auch nicht weiter, ist aber ein schwacher Trost. Laut Elli, die über die andere deutsche Expedition einen Spezialwetterbericht für den Himalaya kennt, soll ab 4.5. ein mehrtägiges Zwischenhoch folgen und die beiden wollen aufsteigen. Vielleicht haben sie ja Glück, dann hätte sich der Aufwand von allen doch noch gelohnt.

2. Mai - Wir packen unser Zeug zusammen, bauen ein Zelt ab, steigen ins Camp 1 und übernachten dort.

3. Mai - Abstieg ins Basislager, Elli und Thomas steigen ins Camp 1 auf.

4. Mai - Ruhetag für die Vierergruppe, die anderen beiden steigen ins Camp 2 auf. Der wetterbericht scheint zu stimmen, 16.00 Uhr scheint noch Sonne hier im Basecamp, ein paar Wolken sind allerdings auch vorhanden. Elli und Thomas werden je nach Wetterverhältnissen entscheiden.

Weiterer Plan der Vierergruppe:

7. Mai: Aufstieg ins ABC am Makalu
8. Mai: Errichten Camp 1 (6600 m), dort schlafen
9. Mai: Abstieg ins ABC
10. Mai: Ruhetag im ABC
11. Mai: Aufstieg ins Camp1
12. Mai: Errichten Camp 2 (7400 m), eventuell dort schlafen
13. Mai: Abstieg ins ABC

Soweit erst einmal die Pläne. Wie ihr aber schon gemerkt habt, kann sich alles schnell ändern. Wir sind alle gesund und munter und hoffen auf die große Wetterbesserung.

Herzliche Grüße im Namen aller Expeditionsmitglieder sendet Frank Meutzner

Übersicht Live-Berichte