Dhaulagiri-Basislager, 23.05.2003, von Mike Schwert

Zill glückt Gipfelsturm

Quartett aus Sachsen freut sich über den Erfolg am 8 167 Meter hohen
Dhaulagiri.
Jetzt weht die Fahne der Leipziger Olympia-Kandidatur auf dem Dhaulagiri.

Bestieg mit dem Dhaulagiri seinen zweiten Achttausender, Olaf Zill

"Davon gibt es sogar ein Bild mit Olaf Zill", erzählte Götz Wiegand gestern am Satellitentelefon. Olaf Zill schaffte den Gipfelsturm am Dienstag als einziger Sachse und hisste die Flagge, die für die Spiele in neun Jahren werben soll, in 8 167 Metern Höhe.
Die vier Alpinisten hatten nur eine Chance, um den Berg der Stürme zu bezwingen, und zwar am Dienstag, als das Wetter einigermaßen mitspielte, der Wind nicht so heftig blies. Olaf Zill nutzte sie. Er stand gegen Mittag zuerst allein auf dem Gipfel. Der Dresdner sprach von einem großen Andrang. "Normalerweise verteilt sich das mehr." Diesmal waren mehrere Expeditionen gleichzeitig unterwegs. Er fand es trotzdem "sehr beeindruckend", konnte seine Gefühle aber nur schwer in Worte fassen. Zum Genießen blieb sowieso
keine Zeit.

"Ich wartete auf Frank Meutzner. Er war nicht weit weg vom Gipfel. Plötzlich rutschte ein anderer Bergsteiger ab und riss ihn 600 Meter mit in die Tiefe. Ich dachte, dass beide tot sind, packte meine Sachen zusammen und sah beim Absteigen, dass sie leben", schilderte er das Unglück seines Freundes. Mit dem abgestürzten Alpinisten, dessen Hände erfroren waren, erreichte das Duo erst am Mittwochmorgen das Lager drei - nach 23 Stunden auf den Beinen in extremer Höhe. "Wir halfen ihm beim Abstieg, ließen ihn nicht allein. Sonst
wäre er liegen geblieben", sagte Olaf Zill.

Frank Meutzner wird sich bei seinen Schutzengeln bedanken, stürzte 600 m in die Tiefe.

Frank Meutzner hätte es am Mittwoch gern noch einmal versucht, aber da machte der Berg der Stürme seinem Namen wieder alle Ehre und ihm einen Strich durch die Rechnung. Er trauerte der verpassten Möglichkeit, wie sein Freund oben zu stehen, kaum nach. "Ich war 100 Meter unterhalb des Gipfels, als mich der andere Bergsteiger mitriss. Es gleicht einem Wunder, dass wir uns nicht verletzt haben", erzählte der Freiberger. Er war froh, noch am Leben zu sein, fühlte sich wie neugeboren. "Schade nur, dass die Filmkamera mit allen wichtigen Aufnahmen weg ist. Sie flog beim Absturz aus dem Rucksack und blieb irgendwo liegen." Der 38-Jährige sprach von einem sehr schweren Gipfel mit vielen steilen und vereisten Passagen. Ins Basislager kehrten auch Olaf Köhler und Götz Wiegand sicher zurück.
Sie hatten nach 7 700 Metern kehrtgemacht. "Ich bin glücklich, dass an diesem schwierigen Berg nichts Ernsthaftes passiert ist", erklärte Götz Wiegand.

Alles Gute Götz Wiegand zum
44. Geburtstag und zur erfolgreichen Expedition "Dhaulagiri 2003"

Er hatte sich am Dienstag nicht nur über den erfolgreichen Gipfelsturm gefreut, sondern auch seinen 44. Geburtstag gefeiert. Der Expeditionsleiter verwies auf die Probleme bei Alpinisten anderer Touren. So sei ein Schwede regelrecht auf den Dhaulagiri getrieben worden. Beim Abstieg habe er Schwierigkeiten bekommen und schwere Erfrierungen erlitten. Nun kämpfe der
Mann gegen den Tod. Es sei gut möglich, dass er diesen fragwürdigen Erfolg am Ende mit seinem Leben bezahlt.

Olaf Köhler wird mit vielen Erfahrungen und 2 Erstbesteigungen von der Expedition zurückkehren.

Die Sachsen ruhen sich noch bis morgen im Basislager aus. Am Sonntag treten sie den Rückmarsch nach Jomoson an. Von dort geht es über Pokhara wieder nach Katmandu. In der nepalesischen Hauptstadt nehmen sie an den Feierlichkeiten zum 50. Jahrestag der Erstbesteigung des Mount Everest am 29. Mai 1953 durch den Neuseeländer Edmund Hillary und den Sherpa Tensing Norgay teil. "Am 5. Juni treffen wir in Dresden ein", blickte Götz Wiegand schon mal voraus.


Olaf Zill

Der gebürtige Dresdner lebt heute in Basel und arbeitet dort als Physiotherapeut. Mit Götz Wiegand und Frank Meutzner stand er 2000 auf dem 8463 Meter hohen Makalu. Es war die erste deutsche Besteigung ohne zusätzlichen Sauerstoff.
Der 37-Jährige liebt die schwierigen Wege. So bezwang er in den Alpen die Eiger-Nordost-Wand und den Mönch auf der komplizierten Lauperroute. (SZ/sw)